Forschung: Einsatz von Pflanzenkohle zur Senkung des CO2-Gehalts der Atmosphäre
Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Leimer; BBS INSTITUT - Hefei University
Einleitung
Pflanzenkohle birgt ein kaum entdecktes Potential zur Senkung des CO2-Gehalts der Atmosphäre.
Pflanzenreste geben bei Verbrennung oder Verrottung das in sich gebundene CO2 wieder frei. Werden jedoch Pflanzenreste im Rahmen eines Pyrolyseprozesses in Pflanzenkohle umgewandelt, wird das CO2 zu einem großen Anteil in der Kohle gebunden, dabei stellt Pflanzenkohle selbst einen wichtigen Roh-/Werkstoff dar, der unterschiedlichste Eigenschaften aufweist, die in unterschiedlichen Anwendungen genutzt werden können.
Mit diesem Verfahren wird somit nicht, wie bei Vorgaben zur Reduzierung des Verbrauchs von Energie z.B. bei Verkehr, Heizung und/oder Kühlung etc, der CO2-Ausstoß nur vermindert, sondern das CO2 wird aus dem Kreislauf der Atmosphäre heraus genommen und kann langfristig eingelagert werden.
Umfangreiche Forschungsaktivitäten in Deutschland, China etc. wurden zu Teilthemen auf den Gebieten der Herstellung und des Einsatzes von Pflanzenkohle erarbeitet. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, nun zusammen mit den beteiligten Institutionen die Möglichkeiten des Einsatzes von Pflanzenkohle zur Generierung einer echten CO2-Senke in der Atmosphäre zu erarbeiten und die, von den jeweiligen Staaten geplanten Klimaschutzbeiträgen zum Pariser Abkommen (intended nationally determined contribution, "INDC") festgeschrieben Ziele, zu realisieren.
Grundlagen der Photosynthese und CO2-Absorption von Pflanzen
Bei der Photosynthese wird in den Chloroplasten aus Wasser und Kohlenstoffdioxid mithilfe der Sonnenenergie Traubenzucker und Sauerstoff gebildet. Den Traubenzucker nutzt die Pflanze für ihr Wachstum, der Sauerstoff wird an die Umgebung abgegeben und das CO2 in Form von Kohlenstoff in der Pflanze eingespeichert.
Dieses in den Pflanzen gespeicherte CO2, wird bei Verbrennung der Pflanzen vollständig oder bei Verrottung teilweise wieder an die Atmosphäre abgegeben. Und belastet so unsere Umwelt zeitversetzt.
Die Speicherfähigkeiten von CO2 jeder Pflanze ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie Standort, Alter der Pflanze, Größe der Pflanze, Dichte der Pflanze.
Folgende Ökosysteme bilden Speicher bzw. Speichermöglichkeiten für CO2.
- Wälder: Deutsche Wälder speichern im Jahr ca. 13 t CO2 je Hektar. Dieser Wert ermittelt sich über die Altersgruppen und Arten der Bäume.
- Bäume: Wie viel CO2 ein Baum absorbiert ist von folgenden Faktoren abhängig: Baumart, Holzdichte, Alter, Baumhöhe. Allgemein lässt sich sagen, dass Laubbäume weniger Sauerstoff als Nadelbäume produzieren. Dazu kommt, dass junge Bäume mehr Sauerstoff produzieren als alte Bäume.
Beispiel:
Fichte • Ø 50 cm • Alter: 100 Jahre • Höhe: 35 m • Filterleistung/Absorption: 2,6 t CO2
Buche: • Ø 50 cm • Alter: 120 Jahre • Höhe: 35 m • Filterleistung/Absorption: 3,6 t CO2
- Nutzpflanzen: Auch die vom Menschen angebauten Pflanzen leisten einen Beitrag zur CO2-Einsparung.
CO2-Absorption in Tomaten ca. 3,1 [kg CO2/m²a]; Hafer/Weizen/Gerste 1,15 bis 1,35 [kg CO2/m²a]; Wassermelone ca. 0,63 [kg CO2/m²a]
Hieraus ergeben sich Filterleistung/Absorptionsleistungen von 1ha Wald = ca. 13 t/a; 1 ha Park/Feld = ca. 10 t/a.
Grundlagen Herstellung von Pflanzenkohle durch Pyrolyse
Pflanzenkohle besteht zum überwiegenden Anteil aus reinem Kohlenstoff, der von Mikroorganismen nur sehr langsam abgebaut werden kann. Erhitzt man das pflanzliche Zellgewebe unter Sauerstoffausschluss auf über 400° C, wird die Biomasse aufgespalten. Zellulose, Hemicellulose und Lignin zersetzen sich zu flüchtigen Bestandteilen und Kohlenstoff. Hochrechnungsmodelle zeigen, dass in der durch das Pyrolyseverfahren gewonnenen Pflanzenkohle ein Anteil von über 80 % des Kohlenstoffes für mehr als 1000 Jahre stabil bleibt und somit eine Möglichkeit darstellt, das ursprünglich von Pflanzen assimilierte CO2 langfristig der Atmosphäre durch Einlagerung zu entziehen und dadurch den Klimawandel abzubremsen. Je nach Pyrolyseverfahren können etwa bis zu 60 % der Energie in brennbarem Gas und Öl und ca. ein Drittel der Energie in der Bio- bzw. Pflanzenkohle gespeichert werden.
Die Energie aus Öl und Gas stehen dann für eine weitere energetische Nutzung zur Verfügung. Z.B. bei dem Thermo-katalytischen Reforming (TCR®), dem von Fraunhofer UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg entwickelten Konversionsverfahren, können Öl und Gas direkt für die Kraftwärmekopplung in Blockheizkraftwerken eingesetzt werden. Alternativ kann aber auch eine reine Wärmebereitstellung zur Trocknung des Einsatzstoffs erfolgen.
Bedeutung - Beispielhafte Zuordnung zu realen Ansätzen
Die Jahreskapazität der ersten von Swiss-Biochar und dem Delinat-Institut betriebenen Pflanzenkohleanlage beträgt 1000t Biomasse, die zu 330 t Pflanzenkohle und rund 1000 MWh Wärme umgewandelt wird. Mittels der Pyrolyse-Anlage lassen sich aus je 2 Tonnen Grünschnitt rund 1 Tonne CO2 dauerhaft der Atmosphäre entziehen.
Alle Energieaufwendungen wie der Transport des Grüngutes, dessen Zerkleinerung, der Betrieb der Anlage sowie das Einbringen der Pflanzenkohle in den Boden sind dabei bereits berücksichtigt. Die verwendete Pyrolyse-Anlage ist energieautark und wird im kontinuierlichen Prozess betrieben. Die Energie, die zur Aufheizung der Biomasse auf über 400 °C benötigt wird, muss zugeführt werden. Die Energie für den weiteren Prozess stammt aus der Biomasse selbst und wird durch die Verbrennung des bei der Pyrolyse entstehenden Gases erzeugt.
Im Rahmen eines eigenen Forschungsprojektes, 2017, wurden die Möglichkeit der Planung einer CO2 - neutralen Stadt untersucht. Hierbei wurde ermittelt, in welchen Bereichen CO2-Emissionen in einer Stadt entstehen und welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um diese zu verringern und einzusparen. Dazu wurden die CO2-Emissionen für die Stadt der Zukunft in China mit zwei Millionen Einwohnern ermittelt. Die grundsätzlich Frage in diesem Projekt war: „ Ist es möglich die Emissionen von CO2 einer neuen Stadt so zu optimieren, das mit Hilfe von Parks und Grünflächen eine CO2 - neutralen Stadt, entstehen kann“.
Das Forschungsvorhaben zeigt hierbei deutlich, dass es möglich ist die Planungen / Energie-Effizienzen so zu optimieren, dass die Pflanzen der Parks das CO2 nahezu vollständig absorbieren können.
Somit bleibt nur noch eine Frage zu lösen: „Was geschieht mit dem Zuwachs / Baum-, Pflanzenschnitt, der in den Städten jährlich anfällt und bei Kompostierung oder Verbrennung das eingelagerte CO2 wieder an die Atmosphäre abgibt.“
Auf der Grundlage einer 2 Mio. Einwohner Stadt ergeben sich ca. 300.000 t/a Grünschnitt eine Jahrespotential von ca.
- 100.000 t Pflanzenkohle als Wertstoff
- 300.000 MWh Wärme aus dem Pyrolyseprozess
und
- die dauerhafte Bindung von ca. 330.000 t CO2 (somit die gesamte CO2 Bindung der Pflanzen der Stadt)
Wertstoffe aus Pflanzenkohle
Mit der Pyrolyse, die von Fraunhofer UMSICHT weiterentwickelt wurde, kann ein biogener Wertstoff bei gleichzeitiger Bereitstellung erneuerbarer Energie in Form von Strom, Wärme und Kraftstoffen hergestellt werden, welcher vielseitig einsetzbar, umweltfreundlich, kostengünstig und ansatzweise problemlösend hinsichtlich der aktuellen Luftverschmutzung und deren CO2-Ziele wirkt.
Hierbei können folgende Basisstoffe in Pflanzenkohle umgewandelt werden: Landschaftspflegematerial, Straßenschnitt, Strauchschnitt, Kompost, Stroh, Gärrest, Waldholz, aber auch Separierte Gülle, Mist, Gärprodukte aus Biogasanlagen, Klärschlamm.
Die aus dem Prozess resultierenden Pflanzenkohle kann eingesetzt werden für die Wasseraufbereitung, Einzelfuttermittel (EU VO 68/2013), Bodenbezogene Verwendung, Einsatz als Pflanzen Dünger.
Bodensanierung mit Pflanzenkohle
Die Wirkmechanismen die der Pflanzenkohle (PK) oder auch Aktivkohle liegen darin begründet, dass durch den Eintrag
von PK in den Boden der pH-Wert angehoben wird und somit, zumindest auf die Schwermetalle bezogen, diese Schadstoffe immobilisiert werden. Somit wird die Aufnahme von Schwermetallen durch die Pflanzen verhindert oder zumindest deutlich reduziert.
Im Rahmen der Alterung von Pflanzenkohle werden an der sehr großen Oberfläche verschiedenste Carbonylgruppen angelagert, die aufgrund ihrer Polarität dazu in der Lage sind, verschiedenste organische Schadstoffe zu binden.
Insgesamt verleiht die große spezifische Oberfläche der PK eine sehr gute Kationenaustauschkapazität und damit den pflanzenbaulichen Eigenschaften der so behandelten Böden zugutekommt.
Gerade der Bericht Einsatz von Biokohle und Kompost als Bodenadditive für die Immobilisierung von Schadstoffen an
Altlastenstandorten der Universität Wien erscheint unter dem Gesichtspunkt ein guter Ansatz zu sein die Pflanzenkohle durch die Beimischung von Kompost mit Nährstoffkationen zu beladen und unter gleichzeitiger Immobilisierung von Schwermetallen sowie durch Absorption von vorhandenen organischen Schadstoffen, belastete Böden aufzubereiten. Es folgt eine Reduktion von Schadstoffen im Boden und eine deutliche Verbesserung der Bodenverhältnisse.
Pflanzenkohle als Ersatz für Zuschlagsstoffe in mineralischen Werkstoffen
Aktuelle Forschungen vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung zeigen, dass die Auswirkungen von Sandgewinnung auf die Ökosysteme bedrohliche Auswirkungen genommen haben. Der globale Bedarf an Sanden übersteigt bei weitem das, was durch Verwitterung entsteht. Im UN-Report von 2014, Sand - knapper als man denk, wird der derzeitigen Verbrauch an Sanden auf ca. 50 Milliarden Tonnen pro Jahr geschätzt.
Da Wüstensande, da zu glatt, für die Herstellung von Beton kaum geeignet sind, wird Sand aus dem Meeresgrund, aber auch aus Seen oder Flüssen gewonnen. Die Folgen für die empfindlichen Ökosysteme sind oft verheerend. Flussbetten sinken ab, Küsten erodieren, die Fauna in den Ozeanen wird zerstört, ganze Inseln verschwinden. Schutzmechanismen, die eigentlich Stürme und Tsunamis abhalten, werden außer Kraft gesetzt. So könnte hier Pflanzenkohle so nicht nur als Feinkorn, sondern als Zuschlagstoff allgemein in Werkstoffen eingesetzt werden.
Mehr und mehr rückt so das Thema des Einsatzes von Pflanzenkohle in den Einsatzbereich des Bauwesens. Alle Anwendungsbereiche gründen sich auf die spezifischen Eigenschaften der Kohle. Die extrem große Oberfläche der Pflanzenkohle bewirkt eine starke Kationenaustauschkapazität sowie eine starke Neigung viel Feuchtigkeit aufzunehmen und wieder abgeben zu können. Im Rahmen eines eigenen Forschungsvorhabens Einsatz von Pflanzenkohle im Bauwesen 2018, wurde die erfolgreiche Zugabe / Einlagerung von Pflanzenkohle in mineralischen Werkstoffen untersucht. Weitere Forschungen laufen.
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